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21. April 2010 3 21 /04 /April /2010 19:38

 

Wer kennt diese Namen nicht: Maria Magdalena, Maria Stuart, Marie Curie, Rosa Luxemburg, Clara Zetkin, Sopie Scholl usw. usw. Man könnte diese Liste endlos weiterführen – eines haben diese Frauen alle gemeinsam - man kennt sie bzw. man hat ihre Namen schon mal gehört, denn sie gingen in die Geschichte ein, da sie in der Zeit in der sie lebten etwas besonderes gesagt oder getan haben. Vieles ist durch Erzählungen von Generation zu Generation immer weitergetragen worden oder von anderen in Biographien festgehalten worden. Es waren Frauen aus dem Volk, eben auch ganz einfache Frauen – bei einigen kann man auch sagen, dass sie Heldinnen waren, wie z. B. Rosa Luxemburg oder Sophie Scholl. Denn Heldentum kann man sich nicht erkaufen, den erlangt man nur durch etwas ganz besonderes, in dem man sich für andere oder eine Sache einsetzt, um etwas zu verändern, wie diese Frauen es getan haben und dabei auch leider ihr Leben verloren.

 

Von diesen Frauen möchte ich hier aber nicht erzählen, sondern von ganz normalen Frauen, wie z. B. die Postbotin, die Unternehmerin, die Verkäuferin etc. Frauen, die beruflich wie auch privat ihre „Frau“ stehen.  Eben unsere sogenannten „Heldinnen“ im Alltag. Frauen, die wissen was sie wollen und ihren Weg gehen. Man ließt zwar in den Zeitungen über Politikerinnen, Schauspielerinnen etc., aber wer schreibt bzw. berichtet man über Frauen wie Du und ich....

 

Ich habe lange darüber nachgedacht über wen ich gerne schreiben möchte bzw. wer für mich interessant erscheint, um sie bekannt werden zu lassen bzw. über ihr Leben zu schreiben.

 

Meine Schwester und ihr Weg in die Selbständigkeit

 

Beginnen möchte ich meine Serie über Frauen im 21. Jahrhundert mit meiner älteren Schwester. Trotzdem ich sie oft nicht verstehe und nicht immer mit dem, was sie tat und tut einverstanden bin – im Gegenteil, es gibt sehr viel Unstimmigkeiten zwischen uns - ist sie ein Mensch in meinem Leben, über den ich schreiben möchte.  

 

Meine Schwester wurde 1960 geboren und stammt aus der ersten Ehe meiner Mutter – sie wird diesem Jahr 50. Meine Schwester war einmal verheiratet,  hat zwei erwachsene Töchter, Sandra 22 Jahre und Nadine 27 Jahre jung, eine kleine Enkeltochter, Lilian Isabel von fast 2 Jahren. Sie lebt  in einer Lebensgemeinschaft und wird im Juli 2010 zum 2. Mal heiraten.

 

Wenn ich meine Schwester mit wenigen Worten beschreiben sollte, wäre das gar nicht so einfach, denn sie ist ein Mensch, der versucht allem und jedem gerecht zu werden. Daher wurde und wird sie sehr oft verkannt. Einige würden sogar meinen, dass es früher so aussah, als ob sie von unserer Mutter abhängig war. Doch das ganze Gegenteil war der Fall – sie versuchte immer für unsere Mutter da zu sein und ihr zu helfen. In Wirklichkeit war und ist unsere Mutter diejenige, die von anderen abhängig war und ist – dies machte sich ganz besonders nach dem Tod unseres Vaters bemerkbar – aber wir wollen ja hier nicht von meiner Mutter schreiben, sondern von meiner Schwester. 

Auf mich wirkte meine Schwester so, dass sie sich sehr viel von anderen Leuten gefallen ließ bzw. sie keine Wiederworte gab. Dies führte leider auch zu Missverständnissen zwischen uns Geschwistern, diese wurden aber durch ein intensives Gespräch zwischen uns beiden wieder ausgeräumt, denn zu viele Jahre stand dies zwischen uns. 

 

Sie erlernte den Beruf des Wirtschaftskaufmann’s (so hieß das in der damaligen DDR) und studierte dann später Ökonomie. Das Studium schloss sie auch einigermaßen erfolgreich ab, nur gebracht hat es ihr nicht wirklich etwas.

 

Nach der „Wende“ 1990 erging es ihr wie vielen Menschen damals. In der Zeit, als die Mitarbeiter in der Firma, wo sie bis dahin viele Jahre gearbeitet hatte, auf 0 Stunden gesetzt wurden, machte sie eine Weiterbildung zur Finanzbuchhaltungsassistentin. Sie hatte in der Zeit auch ein Vorstellungsgespräch im Internationalen Handelszentrum in Berlin – davon konnte man damals eigentlich nur träumen.  Das Vorstellungsgespräch lief für sie so perfekt, dass sie bei Shell hätte anfangen, aber aus Angst vor ihrer eigenen Courage  mit dem Hintergedanken, dass sie 2 – damals noch relativ kleine Kinder hatte und einen Mann, der sich dann mehr um die Kinder kümmern müsste und der Job auch eine Dienstreisebereitschaft voraussetzte – begann sie einen aus heutiger Sicht riesengroßen Fehler und nahm den Job nicht an. Wie man daran wieder sehen kann, dachte sie zu sehr an andere und nie an sich selbst. Sie hätte einen Traumjob haben können und nahm ihn aus Rücksicht auf ihre Familie nicht an. 

1991 erhielt sie dann auch noch die Kündigung von ihrer bisherigen Firma, da diese wie viele andere Firmen zur Wendezeit in der ehemaligen DDR „abgewickelt“ wurden. Nun war sie zum ersten Mal in ihrem Leben arbeitslos und das war etwas, was wir in der ehemaligen DDR nicht kannten, denn es gab für jeden bei uns Arbeit bzw. jeder wurde mit durchgezogen, wie wir so schön sagten.  Da sie in ihrem Job leider keine neue Arbeit fand, musste sie wie viele  andere damals einen artfremden Job annehmen. So arbeitete sie z. B. von 1991 bis 1992 bei einem Gemüsehändler, um sich ein wenig Geld dazu zu verdienen. Dieser Job war nun wirklich nicht leicht. Gemüsekisten können für eine Frau ganz schön schwer sein. Während dieser Zeit bildete sie sich bereits fort, indem sie  Fortbildungen im Bereich Verkaufswesen etc. besuchte.

Zu dieser Zeit machte sich gerade  unsere Mutter mit einem Lebensmittelgeschäft selbständig, in dem meine Schwester dann ab 01.12.1992  mitarbeitete.  

 

Oft denkt man, dass es von Vorteil ist in einem Familienbetrieb zu arbeiten, dies trifft in diesem Fall leider nicht zu. Für meine Schwester hieß es wieder, Zähne zusammenbeißen und durch. Durch die doch sehr schwere Arbeit beim Gemüsehändler und nun auch die Arbeit im Geschäft unser Mutter mit Heben und Tragen von schweren Kisten, was nicht besonders gesund für ihren Rücken ist, kam es, dass sie 1995 einen Bandscheibenvorfall erlitt und somit für mehrere Wochen ausfiel.

Klar, dass es nicht schön ist, wenn ein Mitarbeiter wegen Krankheit ausfällt, nur viele andere Arbeitgeber hätten vielleicht mehr Mitgefühl gezeigt und nicht den Mitarbeiter auch noch unter Druck gesetzt - auch wenn dies in unserer  Gesellschaft in dieser Hinsicht leider auch immer mehr zunimmt – unsere Mutter war damals in dieser Hinsicht nicht sehr fein im Umgang mit meiner Schwester.  Für unsere Mutter hieß es immer, dass man nicht krank wird und wenn, dann muss man die Zähne zusammenbeißen. Nur einfacher gesagt als getan, wenn man sich nicht bewegen kann. Aber auch dies hat sie gemeistert und sich nicht unterkriegen lassen. Leider war auch ihre Familie  in dieser Zeit keine große Hilfe – ihre Kinder waren noch nicht in der Lage, die Situation einzuschätzen und ihr damaliger Mann beschäftigte sich mit anderen Dingen. Daher konnte sie von dieser Seite auch keine Hilfe erwarten.

 

So zogen die Jahre ins Land und meine Schwester arbeitete trotz der noch immer vorhandenen Rückenbeschwerden, denn für sie wog das Wort „Familie“ trotz allem sehr viel.

Im Jahr 2000  erkrankte unser Vater -  und viel als „Hilfe“ im Geschäft unserer Mutter aus, denn er war schon ein paar Jahre arbeitslos und half aber mit die Ware auszupacken und vieles mehr. Ich habe bewusst unser Vater geschrieben, da meine Schwester seit ihrem 3. Lebensjahr von meinem Vater mit groß gezogen wurde und er mehr Vater für sie war, als ihr leiblicher Vater, der leider 1977 verstarb.

 

Als unser Vater dann leider im Juli 2000 an Krebs verstarb, übernahm sie unsichtbar das Zepter im Geschäft unserer Mutter, denn für sie war auf einmal nicht mehr das Geschäft so wichtig, sie war total überfordert und beschäftigte sich nur noch  mit anderen Dingen  – die gehören aber nicht hierher, darüber könnte ich eigenständiges Buch schreiben.  Es war wohl von unserer Mutter so geplant, dass meine Schwester das Geschäft weiterführen sollte, aber das wollte sie nicht – was  ich auch verstehen kann.  Zum 30.04.2004 schloss unsere Mutter dann ihr Geschäft für immer und meine Schwester war wieder arbeitslos.

 

Tja, was nun mit 44 Jahren nochmal ganz von vorne anfangen. In der heutigen Zeit nun wirklich nicht einfach für viele sogar unmöglich. Also suchte sie sich wieder neue Arbeit, welche sie auch fand –  bei einer Tankstelle. Dies ist nun auch nicht wirklich ein Traumjob, aber immerhin ein Schritt nach vorn und raus aus der Arbeitslosigkeit. Da dies – wie schon erwähnt nicht wirklich ein Traumjob war machte sie sich darüber Gedanken, wie es weiter gehen soll. Sie hat zwar einen Lebensgefährten, der als Bäcker ganz gutes Geld verdient, aber weiter von anderen abhängig sein, dass wollte sie auch nicht. Sie hörte im Ort davon, dass eine Frau ihren Lebensmittelladen verkaufen möchte. Dies hörte sich schon verlockend an. 

Nun, traut man ihr denn wirklich zu, dass sie sich selbständig macht, zudem auch noch mit einem Lebensmittelgeschäft in einer Gegend, wo die Leute nicht täglich vorbei Laufen, es sei denn sie wohnen in der Straße oder um die Ecke. Die sogenannte Laufkundschaft wie auf einer Hauptstraße fehlte dort. Der einzige Vorteil den es gab, in der Straße befindet sich ein Gymnasium. Dies will gut überlegt sein, denn man muss ja auch viel Geld investieren, um das Geschäft ins Laufen zu bringen und dann sind da noch die Leute, die ihr das nicht zutrauten und ihr sogar davon abrieten. Nur mit 45 Jahren bekam man ja keine gut bezahlte Festanstellung. Aus ihrem eigentlichen Beruf war sie seit Jahren raus, also kam ein Bürojob eh nicht mehr infrage. Also dann die Ärmel hochkrempeln und nach vorne schauen. 

 

Den Tankstellenjob kündigte sie und dann ging es los. Mit der Vorbesitzerin verhandelte sie über den Kaufpreis, Gewerbe wurde angemeldet,  das Arbeitsamt wurde informiert, denn sie bekam ja dann noch Übergangsgeld usw.

 

Am 01.07.2005 war es dann soweit „Kerstins Minilädchen“ wurde eröffnet.

Es ist von Anfang an nicht einfach gewesen, denn die Kunden rannten ihr nun nicht gerade die Tür ein. 

 

Seit dem sind nun 5 Jahre vergangen und allen Unkenrufen zum Trotz gibt es „Kerstins Minilädchen“ immer noch. Nach wie vor ist es nicht einfach - aber sie gibt nicht auf und meistert jeden Tag aufs Neue ihre Arbeit. 

 

 

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